Forschungsprojekte

Prof. Dr. Kilian Heck

Herrenhauszentrum des Ostseeraums

Das Forschungsprojekt befasst sich mit der Erforschung nachmittelalterlicher Herrenhäuser ab 1500. Diese Gebäude bilden bis heute einen zentralen Bestandteil der einzigartigen Kulturlandschaft des Ostseeraums. Die überaus zahlreichen Anwesen verteilen sich heute über insgesamt zehn Staaten (Deutschland, Polen, die russischen Regionen Kaliningrad, Ingermanland und Karelien*, Litauen, Lettland, Estland, Finnland, Schweden, Dänemark sowie auch Norwegen). Obwohl das Corpus der Herrenhäuser im Ostseeraum von der Baugeschichtsschreibung als eine regionale Besonderheit wahrgenommen wird, entwickelt sich dennoch erst langsam das Bewusstsein für die gemeinsame historische Kulturlandschaft der Gutswirtschaft in den Anrainerstaaten. Zugleich lassen sich inhaltliche und formale Zusammenhänge sowie transkulturelle Einflüsse innerhalb Europas erkennen.

Das Projekt wird zu gleichen Teilen vom Ministerium für Wissenschaft, Kultur, Bundes- und Europaangelegenheiten Mecklenburg-Vorpommern und der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien finanziert. In der dreijährigen Förderphase konzentrieren sich die Forschungen auf ausgewählte Objekte aus dem 18. Jahrhundert, der Blütezeit der Herrenhäuser und Gutsanlagen im Ostseeraum. Die detaillierten Analysen befassen sich nicht nur mit kunsthistorischen und architekturhistorischen Fragestellungen, sondern integrieren gleichwohl kulturelle, funktionale, soziologische und politische Aspekte. Die Kollaborationsnetzwerke von Architekten und Künstlern, die am Bau und der Inneneinrichtung verschiedener Herrenhäuser beteiligt waren, sind nur ein Beispiel für die zahlreichen Verflechtungen jener Aspekte. Derartige vergleichende Untersuchungen der Kunstlandschaften und Gutswirtschaften als Teil der Territorialgeschichte auf computergestützter Basis existieren bislang nicht. Aus diesem Grund kommt dem Vorhaben in jeder Hinsicht Pilotcharakter zu.

Weitere Informationen

Objektbiographien bei Caspar David Friedrich

Objektbiographien bei Caspar David Friedrich

Das Forschungsprojekt untersucht die Objektbiografien sämtlicher Gemälde und Zeichnungen Caspar David Friedrichs und ist als DFG-Langfristvorhaben geplant. Das vom Caspar-David-Friedrich-Institut koordinierte Projekt führt die weltweit gesammelten Werke medial zusammen. Es werden deren Provenienzen sowie ihre Forschungs- und Ausstellungsgeschichte geklärt. Hierbei bilden die Werke aus Greifswalder Privatbesitz einen Schwerpunkt. Eine Zusammenarbeit ist mit den Friedrich-Sammlungen in Greifswald, Hamburg, Berlin und Dresden sowie den Universitäten Jena und TU Berlin geplant. Es ist vorgesehen, zusammen mit der Technischen Informationsbibliothek Hannover eine Datenbank aufzubauen und die Ergebnisse der Öffentlichkeit zugänglich zu machen.

Ansprechpartnerin: Frau Dr. Alessa Paluch

Kontakt: Tel.: 03834/ 420 3276

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THEORIA-Forschungsgruppe
Die Malerei der Romantik in Nordeuropa in ihren transkulturellen Bezügen und Rezeptionen.
Prof. Dr. Kilian Heck; Dr. Jana Olschweski; Christel Bair M.A., Dr. Birte Frenssen; Nico Anklam M.A.

Ein Forschungsprojekt im Rahmen des Kurt von Fritz-Wissenschaftsprogramms zur Förderung der Geistes- und Sozialwissenschaften des Landes Mecklenburg-Vorpommern 2017-2020​, in Kooperation mit dem Pommerschen Landesmuseum Greifswald (Schenkung Christoph Müller). 

Weiterer Kooperationspartner sind das DFG Graduiertenkolleg Baltic Borderlands der Universität Greifswald, die Forschungsgruppe Zwischen Nation und Globalisierung. Reflexionen von Identität in Medien, Kunst und Architektur des IMZ der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg und das Kunstmuseum Bornholm in Dänemark.

Vom 10. bis 12. Januar 2019 richtete die Forschungsgruppe eine internationale Fachtgagung unter dem Titel  "Inventing the pictorial North" am Alfried Krupp Wissenschaftskolleg und dem Pommerschen Landesmuseum Greifswald aus. Mit großzügigier Unterstützung der Deutsche Forschungsgemeinschaft DFG, Bonn und der Alfried Krupp von Bohlen und Halbach-Striftung, Essen.

 

Offizielle Homepage

 

Aufgaben und Ziele
Smidth, Hans. Blick über ein dänisches Moor, Öl auf Leinwand, auf Holz aufgezogen, undatiert, 15 x 31 cm. Staatliches Museum Schwerin/Ludwigslust/Güstrow, Schenkung Christoph Müller im Pommerschen Landesmuseum Greifswald.
Melbye, Anton. Überfahrt nach Amerika, Öl auf Leinwand, 1855, 71,5 x 109 cm. Staatliches Museum Schwerin/Ludwigslust/Güstrow, Schenkung Christoph Müller im Pommerschen Landesmuseum Greifswald.
Mogelgaard, Ludwig. Kieferbäume in Tisvelde Hegn in Nordseeland in Dänemark, Öl auf Leinwand, 1920, 80 x 100 cm. Staatliches Museum Schwerin/Ludwigslust/Güstrow, Schenkung Christoph Müller im Pommerschen Landesmuseum Greifswald.
Hagen, Theodor. Sommerliche Dorfstrasse, Öl auf Leinwand, undatiert, Privatbesitz.
La Cour, Janus. Die Klippen am Moesgaard Strand. Öl auf Leinwand, undatiert, 46 x 47 cm. Staatliches Museum Schwerin/Ludwigslust/Güstrow, Schenkung Christoph Müller im Pommerschen Landesmuseum Greifswald.
Abildgaard, Nicolai Abraham. Porträt von Marcus Aurelius Abildgaard (Sohn des Malers), Öl auf Leinwand, undatiert, 69 x 55 cm. Staatliches Museum Schwerin/Ludwigslust/Güstrow, Schenkung Christoph Müller im Pommerschen Landesmuseum Greifswald.
Runge, Philipp Otto. Bildnis der Wilhelmina Sophia Helwig, 1807, Öl auf Leinwand, 116 × 92 cm. Staatliches Museum Schwerin/Ludwigslust/Güstrow im Pommerschen Landesmuseum Greifswald.
Eckersberg, Christoffer Wilhelm. Strasse mit drei Figuren bei Mondschein, Radierung auf Velin, undatiert, 13,9 x 12,4 cm. Staatliches Museum Schwerin/Ludwigslust/Güstrow, Schenkung Christoph Müller im Pommerschen Landesmuseum Greifswald.
Lundbye, Johan Thomas. Ein Stein am Wasser bei Hammermollen in Hellenbaek. Feder auf Papier, 1838, 12 x 17,7 cm. Staatliches Museum Schwerin/Ludwigslust/Güstrow, Schenkung Christoph Müller im Pommerschen Landesmuseum Greifswald.
Friedrich, Caspar David. Ruine Eldena im Riesengebirge, 1830/34/17, Öl auf Leinwand, 103 x 73 cm. Staatliches Museum Schwerin/Ludwigslust/Güstrow im Pommerschen Landesmuseum Greifswald.
Holm, Niels Emil. Felsiger Hafen von Catania mit Schiffen, Öl auf Malpappe, 1863, 23,5 x 32 cm. Staatliches Museum Schwerin/Ludwigslust/Güstrow, Schenkung Christoph Müller im Pommerschen Landesmuseum Greifswald.
Thorenfeld, Anton Erik Christian. Sommerliche jütländische Heidelandschaft mit Haus, Öl auf Leinwand, 1883, 34,5 x 51 cm. Staatliches Museum Schwerin/Ludwigslust/Güstrow, Schenkung Christoph Müller im Pommerschen Landesmuseum Greifswald.
Neumann, Carl. Boot mit eingezogenem Segel am Strand, Öl auf Leinwand, auf Malpappe kaschiert, undatiert, 27,5 x 41,8 cm. Staatliches Museum Schwerin/Ludwigslust/Güstrow, Schenkung Christoph Müller im Pommerschen Landesmuseum Greifswald.

Aufgaben und Ziele des Promotions-, Postdoc-, und Professorenstipendiums

Die Forschergruppe versucht, die in der Kunstgeschichte seit langem etablierte Romantikforschung in einen erweiterten Kontext zu stellen. Als innovatives Potential und Forschungsdesiderat werden dabei der transnationale Austausch zwischen den Künstlern sowie die Rezeption der Romantik, die eine Kontinuität, eine „longue durée“, bis in das 20. Jahrhundert besitzt, gesehen. Die Teile der Forschergruppe ergänzen sich insofern, als die beiden ersten Teilprojekte die Kunst der Romantik jeweils an einem konkreten Werkbestand aufarbeiten: Während das Teilprojekt 1.1 dieses am Beispiel der etwa 500 Werke zur dänischen Malerei der Sammlung Christoph Müller in Greifswald unternimmt, ist für das Teilprojekt 1.2. eine Untersuchung des Werkbestandes der Künstlerkolonie Schwaan vorgesehen, die sich vor allem in der Zeit der „Nach-Romantik“, also ab dem späten 19. Jahrhundert bewegt. Das Teilprojekt 1.3 hingegen versucht für die an zwei Werkkomplexen getroffenen Erkenntnisse von Teilprojekt 1.1 und 1.2 eine umfassende theoretische Grundlage zu liefern, die dann von der Romantik als einer für den „Norden“ spezifischen Kunstform sprechen lässt. Diese Ansätze in einem übergreifenden Projekt miteinander zu verbinden, in dem jedem Thema so viel Eigenständigkeit wie möglich zugestanden wird, zugleich aber durch deren Öffnung das Beziehungsgeflecht romantischer und nachromantischer Ideen, Konzepte, technischer Verfahren und Sozialisierungsmechanismen auf fundierter theoretischer Ebene weiter entschlüsselt werden soll, ist Anliegen des Forschungsvorhabens.  

 

 

1.1 Von der Akademie in die Natur. Die frühe Freilichtmalerei in Dänemark und Norddeutschland am Beispiel der Sammlung Müller (Promotionsstipendium)

 

Das Promotionsthema soll die Beziehungen zwischen der romantischen Malerei in Dänemark und Norddeutschland in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts beleuchten. Die seit April 2016 dem Pommerschen Landemuseum Greifswald übereignete Sammlung zur dänischen Malerei des Berliner Sammlers Christoph Müller bietet zur Realisierung des Promotionsvorhabens eine einmalige Chance, denn mit ihren nahezu 500 Objekten aus dem Bereich der Malerei, Zeichnung und Graphik hält sie ein umfangreiches Reservoir an Kunstwerken zu nahezu allen dänischen Künstlern des 19. Jahrhunderts bereit. Dazu gehören Jens Juel, Christoffer Wilhelm Eckersberg, Martinus Rørbye, Peter Christian Skovgaard, Johan Thomas Lundbye, Vilhelm Melbye oder Wilhelm Marstrand (Wesenberg 2016). Durch das Promotionsprojekt ist zudem das Kriterium der gerade in den Geisteswissenschaften selten zu findenden, anwendungsbezogenen Forschung erfüllt: Es können Forschungsergebnisse der Universität am Werkbestand der Sammlung Müller überprüft werden und umgekehrt die durch das Studium an den Objekten gewonnenen Erkenntnisse in die universitäre Forschung zurückfließen. Im Rahmen des Promotionsvorhabens soll es möglich sein, zusammen mit dem Lehrstuhl des Antragstellers und Frau Dr. Birte Frenssen vom Pommerschen Landesmuseum die wissenschaftliche Aufarbeitung der Sammlung Müller mit einem Bestandskatalog zu gewährleisten. Auf diese Weise kann dieses für Mecklenburg-Vorpommern bislang singuläre Forschungsprojekt zwischen Universität und Museum zusätzliche Synergieeffekte erbringen. 

Ziel des Promotionsvorhabens ist unter anderem die Beschäftigung mit der Frage, wie es möglich war, dass scheinbar banale Bildgegenstände wie Wolken und Meereswellen im 19. Jahrhundert zu zentralen Bildthemen avancieren konnten. Die Voraussetzungen hierfür bildeten zum einen das Naturstudium, das immer weiter vervollkommnet wurde, zum anderen die sich entwickelnde Autarkie gegenüber der akademischen Malerei. Ein weiterer Schwerpunkt soll auf den Wechselbeziehungen zwischen dänischen Künstlern und norddeutschen Malern der Romantik wie Caspar David Friedrich, Philipp Otto Runge oder Georg Friedrich Kersting liegen, die ebenfalls um 1800 an der Kopenhagener Akademie studiert haben (Börsch-Supan 1999, Johnston 1999).  

  

 

1.2. Die Freilichtmalerei und ihre Bedeutung im künstlerischen Werkprozess. Die Künstlerkolonie Schwaan im europäischen Kontext (Postdoc-Stipendium)

 

Der Paradigmenwechsel in der Naturwahrnehmung in den ersten Jahrzehnten des 19. Jahrhunderts, der die Gattung der Landschaftsmalerei aus ihrer untergeordneten Stellung hob, wurde wesentlich durch die Rezeption der deutschen Romantiker beeinflusst. Mit neuen Vorbildern vor Augen und innovativen Gestaltungsmodi entwickelte sich das Studium vor der Natur zu einem Bestandteil des künstlerischen Werkprozesses. Die mimetische Abbildung der Natur wich einer genauen Beobachtung, wobei der individuelle Eindruck, die Empfindungen Gewicht im Bild erhielten (Hamann 2001). Diesen Prozess haben wesentlich die Künstlerkolonien mitgetragen. Ihre Herausbildung ist untrennbar mit der Entwicklung in ganz Europa zu sehen, die in den 1830er Jahren in Barbizon ihren Anfang genommen hat und als deren künstlerisches Ergebnis die Freilichtmalerei herauszustellen ist. Die Künstlerkolonien haben somit grundlegende Voraussetzungen für die Entstehung der Moderne gelegt, worin zugleich eine weitere Verbindung mit der Romantik zu sehen ist, die ihrerseits durch den Bruch mit den Konventionen des seit der Renaissance in der klassischen Hochkunst propagierten Bildaufbaus auf formaler Ebene dazu beigetragen hat. Diese formale Neuerung wurde auch in den Künstlerkolonien aufgegriffen. Weitere Beziehungen zur Romantik sind in der Gründung von Künstlerbünden zu sehen, die ihre Wurzeln in einer gemeinschaftlichen Opposition gegen die Akademien, einer subjektiven Behandlung der Sujets und Individualisierung der Künstler haben. 

Eine Künstlerkolonie in der Nachfolge der Schule von Barbizon entstand auch in der Ackerbürgerstadt Schwaan. Ihre Gründung ist mit dem gebürtigen Schwaaner Franz Bunke verbunden, der unter Theodor Hagen an der Weimarer Malerschule studiert hat. Damit wurden Weimar und Theodor Hagen der Schlüssel zum Werk der in Schwaan wirkenden Maler, auch wenn diese später individuelle Wege gingen: Bunke regte, nachdem er in Weimar eine Professur für Landschaftsmalerei übernommen hatte, Kollegen an, in Schwaan Naturstudien zu betreiben. Auf seine Initiative hin nahmen auch Rudolf Bartels sowie Peter Paul Draewing ein Studium bei Hagen in Weimar auf. Auch das vierte bedeutende Mitglied der Künstlerkolonie, Alfred Heinsohn, hatte in Weimar unter Hagen studiert (Jürß 1992, Ziegler 2010 und 2016).

Dem Kunstmuseum Schwaan ist es in den letzten Jahren gelungen, eine Vielzahl von Werken aus privatem Besitz anzukaufen (Jürß und Brunner 2012) und hochkarätige Ausstellungen zu organisieren. Dabei stehen vor allem die Künstler Bunke, Bartels, Draewing und Heinsohn im Fokus. Um jedoch die Aufarbeitung des Œuvres dieser Maler spürbar voranzutreiben, ist es unabdingbar, die Forschungslücken zum Werk von Theodor Hagen, der das Schaffen der Schwaaner Künstler wie kein anderer beeinflusst hat und zu den bedeutendsten deutschen Landschaftsmalern im 19. Jahrhundert zählt, endlich zu füllen. Diese Vorhaben machen eine wissenschaftliche Betreuung seitens einer universitären Einrichtung erforderlich. Ziel ist es eine Monografie zu Theodor Hagen zu erarbeiten, die dessen Werk erstmals stärker wissenschaftlich durchdringt, zugleich aber auch einen Œuvrekatalog beinhaltet, zumal die Kunstwerke sehr weit gestreut sind.

Das Kunstmuseum in Schwaan plant aus Anlass des 100. Todestages Theodor Hagens 2019 eine Ausstellung, für die eine Kooperation zwischen der Universität Greifswald und der Stadt Schwaan im Rahmen dieses Projektes ertragreich sein dürfte. 

 

 

1.3 Der Topos des Nordens in der Malerei der Romantik. Motive, Sozialisationsformen, Rezeptionen (Professoren-Stipendium)

Im Jahre 1827 wurde über zwei Winter-Bilder von Caspar David Friedrich, die in Dresden ausgestellt waren, folgendes geschrieben: „Seine beiden kleineren Stücke, die verfallene Hütte unter dem Schnee und das dunkle Gewölbe, sind in demselben Geist gedichtet und gemahnen an ähnliche kurze Episoden in Ossians Gesängen“. Allen damaligen Lesern dieser Sätze war damit klar: Friedrichs Gemälde konnten nur der nordeuropäischen Sphäre zugeordnet werden, denn der schottische Ossian-Mythos wurde in der Romantik sofort mit der Sagenwelt des Nordens assoziiert (Grave 2012). Das Projekt beabsichtigt zu untersuchen, wie sich nach 1800 eine spezifisch nördliche Bildwelt etablieren konnte, zu der auch andere gemalte Naturphänomene wie Nebel, Wolken, Schnee, Felsen oder Eichen gerechnet werden. Denn auch Künstler wie Carl Gustav Carus haben Orte aufgesucht, die wie Friedrichs Schneehütte Motive ursprünglichen Lebens oder Naturzustände ohne menschliche Spuren zeigen sollten. Dazu gehörten bei Carus die Insel Vilm oder die schottische Insel Staffa. Andere Künstler wählten als Motive Orte, die geschichtliche Zeugnisse vergangener Epochen aufwiesen, etwa Ruinen wie die des Klosters Eldena oder Hünengräber, die Friedrich oder auch der Däne Martinus Rørbye darstellten (Monrad 1999). Bemerkenswert ist, dass alle diese Naturmotive durch intensives Naturstudium und eine präzise Beobachtung, so wie bei Friedrich, John Constable und Johan Christian Clausen Dahl, vorbereitet wurden. Auch eine genau berechnete, perspektivische Konstruktion galt als unverzichtbare Voraussetzung, etwa bei Christoffer Wilhelm Eckersberg (Schubert 2016). Dieser lagen zum Teil naturwissenschaftliche Ansprüche zugrunde, wie die Erkenntnisse des Physikers Hans Christian Ørsted zur Wirkung von Lichtbrechung und Schattenwirkung sowie zur Polarisation der Farben oder auch die Arbeiten von Luke Howard über die Atmosphäre und die Wolkenbildung (Wesenberg 2016). Gerade hieraus bildete sich aber auch in der Freilichtskizze, wie sie vor 1800 in Frankreich entwickelt worden war und dann von Dahl, Constable oder auch William Turner und Carl Blechen als Methode angewandt wurde, eine nahezu gegenläufige Tendenz zur akkurat-linearen Malweise der Akademien heraus. In der Ölskizze waren nun spontane Pinselstriche gefragt, wie sie etwa bei der Darstellung von Regenschauern angebracht schienen (Busch 1983). Wiederum andere Künstler waren bestrebt, „Volkstypen“ wie Seemänner oder Bäuerinnen in Tracht darzustellen, so Wilhelm Marstrand oder Johann Gottfried Schadow, womit ein weiteres Charakteristikum nordischer Kunst entstand (Wesenberg 2016). Diese naturwissenschaftlichen Ansprüchen genügenden Techniken bei landschaftlichen Darstellungen sowie die Betonung ethnischer Charakteristika bei Personendarstellungen führten bei einigen deutschen und skandinavischen Künstlern zu einer nationalen Abschottung ihrer Kunst. So wurden in Dänemark nach 1830 Künstler wie Peter Christian Skovsgaard und Johan Thomas Lundbye durch den Kunstkritiker Nils Lauritz Høyen gedrängt, nicht nach Italien zu reisen und nur noch heimische Motive zu malen (Johnston 1999). Sowohl bei Friedrich wie auch in der schwedischen Malerei sind ähnliche nationalistische Haltungen auszumachen (Grave 2012, Facos 1998). 

Weiterhin sollen die soziologischen Hintergründe beleuchtet werden, die dazu führten, dass solche Künstler auch in Gemeinschaften arbeiteten. Dass die nordeuropäischen Künstler in spezifischen Metropolen wie Kopenhagen, Berlin und Dresden tätig waren und oft eine gemeinsame Ausbildung an den gleichen Kunstakademien und bei den gleichen Lehrern wie Christoffer Wilhelm Eckersberg oder Carl Blechen erfahren hatten (Börsch-Supan 1999), ist ein Hinweis darauf, dass es später zu solchen transkulturellen Interdependenzen, aber auch Isolierungen vom „südlichen“ Europa hat kommen können. Die Sozialisationsform der Künstlerkolonie hat nicht zuletzt hier ihren Ursprung. 

Die Untersuchung soll durch die Erforschung des Topos der „nordischen Kunst“ in der Kunstgeschichte des 20. Jahrhunderts abgeschlossen werden. Nach der Wiederentdeckung der romantischen Kunst Nordeuropas etwa durch Alfred Lichtwark bald nach 1900 versuchten Kunsthistoriker wie Kurt Karl Eberlein nach 1933, die Kunst Caspar David Friedrichs mit einer rassistischen Interpretation umzudeuten, etwa in dem Sinne, dass Friedrich beabsichtigt habe, einen spezifischen „nordischen Menschentypus“ zu schaffen (Saß 2008). 

Die geplante Monographie soll, erstmals in der Kunstgeschichte, einen zusammenfassenden Überblick über die transnationalen Verbindungen skandinavischer, englischer und deutscher Künstler in der Romantik liefern und dabei 1. die spezifischen Techniken ihrer Gemälde und Zeichnungen miteinander vergleichen, 2. die Motive als Teil einer „nordischen“ Kunstlandschaft identifizieren, 3. die Sozialstrukturen in Form gemeinsamer akademischer Ausbildungen und Künstlerbünde untersuchen und 4. die kunstgeschichtliche Romantikforschung des 20. Jahrhunderts beleuchten, die, wenigstens im Nationalsozialismus, sich in ideologischer Absicht dieser Sonderrolle bediente und daraus „völkische“ und „rassische“ Interpretationsmuster entwickelte.  

Um dem Projekt eine umfassende theoretische Grundlage zu bieten, die auch am Bestand der Museen, Bibliotheken und Archive in Kopenhagen und Oslo orientiert sein soll, ist ein einsemestriger Forschungsaufenthalt in Kopenhagen und Oslo geplant.

Mitarbeitende
Prof. Dr. Kilian Heck
Smidth, Hans. Blick über ein dänisches Moor, Öl auf Leinwand, auf Holz aufgezogen, undatiert, 15 x 31 cm. Staatliches Museum Schwerin/Ludwigslust/Güstrow, Schenkung Christoph Müller im Pommerschen Landesmuseum Greifswald.

Prof. Dr. Kilian Heck ist Professor für Kunstgeschichte am Caspar-David-Friedrich-Institut der Universität Greifswald. Seine Forschungsschwerpunkte liegen in der Beziehung von Kunst und Wissenschaft im 19. Jahrhundert, in der deutschen Sepulkralskulptur und der deutschen Hofkunst des 15. bis 17. Jahrhunderts, der politischen Ikonographie der Frühen Neuzeit und der Schlossarchitektur des 18. Jahrhunderts. Im Rahmen seiner Restitutions- und Provenienzforschung beschäftigt sich Heck mit der Geschichte der Herkunft von Gemälden. Sein besonderes Interesse gilt den Werken des Landschaftsmalers Carl Blechen.

Innerhalb des THEORIA Projektes forscht er zum Topos des Nordens in der Malerei der Romantik (Motive, Sozialisationsformen, Rezeptionen). Das Projekt beabsichtigt zu untersuchen, wie sich nach 1800 eine spezifisch nördliche Bildwelt etablieren konnte, zu der auch andere gemalte Naturphänomene wie Nebel, Wolken, Schnee, Felsen oder Eichen gerechnet werden. Die Untersuchung soll durch die Erforschung des Topos der „nordischen Kunst“ in der Kunstgeschichte des 19. und frühen 20. Jahrhunderts als bewusst gewähltem Gegenmodell zur vornehmlich an der Renaissancekunst ausgerichteten ikonographischen Methode abgeschlossen werden. 

Dr. Birte Frenssen
Carl Frederik Sørensen, An der Küste bei Marstrand in Schweden, 1852, Öl auf Karton, 28 x 40 cm. Staatliches Museum Schwerin/Ludwigslust/Güstrow, Schenkung Christoph Müller im Pommerschen Landesmuseum Greifswald.

Dr Birte Frenssen is a senior curator at the Pomeranian State Museum Greifswald, where she supervised the donation of the Danish Romanticists and Realists to the state of Mecklenburg-Western Pomerania by Christoph Müller, Berlin. Her research project includes a two-volume inventory catalog of the paintings and drawings that will be created for this collection. In recent years, the collection of North German Romanticism in the Pomeranian State Museum has been continuously expanded, while her research interests specifically include the work of Caspar David Friedrich, a native of Greifswald. In 2010 she presented the exhibition "The Birth of Romanticism – Friedrich. Runge. Klinkowström.” and in 2013 the book "Naturally Romantic. Caspar David Friedrich & Friends in Mecklenburg-Western Pomerania”.

Dr. Jana Olschewski
Vilhelm Kyhn, Düstere Hügellandschaft, undatiert, Öl auf Panel, 30 x 39 cm. Staatliches Museum Schwerin/Ludwigslust/Güstrow, Schenkung Christoph Müller im Pommerschen Landesmuseum Greifswald

Dr. Jana Olschewski hat nach dem Studium der Kunstgeschichte und Anglistik zahlreiche Veröffentlichungen und Projekte zur pommerschen Geschichte, bildenden Kunst und Architektur realisiert und über zehn Jahre am Caspar-David-Friedrich-Institut der Ernst-Moritz-Arndt-Universität Greifswald gearbeitet. Seit 2008 ist sie außerdem Schriftleiterin der Zeitschrift POMMERN. 

Als Postdoc-Stipendiatin im Projekt untersucht Jana Olschewski anhand von Schwaan das Phänomen der Künstlerkolonien hinsichtlich deren Rezeption romantischer Ideengehalte, Gestaltungsmodi und Sozialisationsformen. Von besonderem Interesse wird dabei erstmals umfassender das Schaffen Theodor Hagens sein, der als Professor an der Weimarer Kunstschule die wichtigsten Vertreter der Künstlerkolonie ausgebildet hat. Die Bedeutung Hagens als Lehrer und Künstler sind in der Fachwelt seit langem anerkannt, aber durch Forschungen bislang wenig gewürdigt worden.

Nico Anklam M.A.
Simonsen, Niels. Arabische Piraten an Bord einer Feluke auf dem Mittelmeer. Öl auf Leinwand, 1854, 28,5 x 34,5. Staatliches Museum Schwerin/Ludwigslust/Güstrow, Schenkung Christoph Müller im Pommerschen Landesmuseum Greifswald.

Nico Anklam hat Kunstgeschichte, Kulturwissenschaft und Ästhetik in Berlin, London und als Fulbright-Scholar in New York studiert und ist Promotionsstipendiat der Forschungsgruppe. Seine Dissertation untersucht die Malerei Dänemarks zur Mitte des 19. Jahrhunderts mit Hinblick auf nationale Identitätskonstruktionen, auch im Verhältnis zum „Nordischen Orientalismus" und zur Bildproduktion der Kolonien des ehemaligen Dänisch-Westindien.

Zuvor lehrte Nico Anklam am Bologna.Lab der Humboldt-Universität zu Berlin zur Kunst des 20. Jahrhunderts und war zuletzt Lehrbeauftragter für Kunsttheorie am Institut für Kunstwissenschaft und Ästhetik der Universität der Künste Berlin. Seine bisherigen Forschungsschwerpunkte liegen in Strategien südafrikanischer Konzeptkunst um 1990, sowie Fluxus und fluxusverwandten Praktiken in Nord- und Nordosteuropa. Zudem hat er als Ausstellungsmacher internationale Projekte zeitgenössischer Kunst im nordischen und baltischen Raum realisiert u.a. als Kurator an der Kunsthal 44 Møen, Dänemark.

Christel Bair M.A.
Christen Dalsgaard (zugeschrieben), Die Spülküche, undatiert, Öl auf Papier auf Karton gezogen, 38 x 34 cm. Staatliches Museum Schwerin/Ludwigslust/Güstrow, Schenkung Christoph Müller im Pommerschen Landesmuseum Greifswald.

Christel Bair befasste sich 2016 im Rahmen ihrer Masterarbeit mit Werken der Neuen Sachlichkeit und des Magischen Realismus sowie den Möglichkeiten kultureller Diversität als treibende Kraft künstlerischen Wirkens. Sie studierte Geschichte und Kunstgeschichte an der Universität Greifswald und ist nun Promotionsstudentin am Caspar-David-Friedrich-Institut für Kunstgeschichte. In ihrem aktuellen Promotionsprojekt beschäftigt sie sich mit transkulturellen Bezügen zwischen der romantischen Landschaftsmalerei in Dänemark und Norddeutschland im 19. Jahrhundert. Zusammen mit Nico Anklam arbeitet sie an der Erstellung eines vollständigen Bestandskataloges der Werke dänischer Künstler des 19. und frühen 20.Jahrhunderts, die innerhalb der Schenkung Christoph Müllers an das Pommersche Landesmuseum Greifswald gekommen sind.

Barocke Schlösser und Parkanlagen im ehemaligen Ostpreußen
Virtuelle Rekonstruktion und Dokumentation des verlorenen Kulturerbes

Dieses Projekt wurde von der Leibniz-Gemeinschaft im Dezember 2013 genehmigt. Die beteiligten Projektpartner sind das Herder-Institut in Marburg, das Institut für Raumdarstellung Frankfurt am Main, die Universität Łódź/Polen sowie der Lehrstuhl für Kunstgeschichte der Universität Greifswald. Ziel des Projektes ist es, aufgrund einer computergestützten Dokumentation zwei im ehemaligen Ostpreußen befindliche, als bauliche Entitäten heute jedoch nahezu vollständig verlorengegangene Schlossanlagen als Bestandteil der Kulturlandschaften Polens, der Russischen Föderation und Litauens virtuell zu rekonstruieren.


Virtuelle Rekonstruktion von Barockschlössern im ehem. Ostpreussen (Link zu YouTube)

Virtual reconstruction of baroque palaces in former East Prussia II (Link zu YouTube)

weiter Informationen

Impressionen
Buchprojekt Malerei des 18. Jahrhunderts in Mecklenburg und Vorpommern

Die seit Sommer 2012 bestehende Forschergruppe an der Universität Greifswald beabsichtigt, die in diesem Gebiet tätigen Maler wie Georg Lisiewski, Balthasar Denner, Jakob Philipp Hackert, Georg David Matthieu zu erforschen. In Form eines Buchprojektes sollen soziologisch und historisch relevante Ergebnisse wie das Hofkünstlertum und die transnationale Identitätsbildung zusammengetragen werden. Hierbei wird eng mit den Staatlichen Museen Schwerin kooperiert, die insbesondere die Museumsbestände in Ludwigslust erforschen.

Buchprojekt Frühneuzeitliche Grabdenkmale in Mecklenburg und Pommern

Die seit Sommer 2012 bestehende, deutsch-polnische Forschergruppe an der Universität Greifswald beabsichtigt, die vielfältig vorhandenen Objekte zur Sepulkralkultur hinsichtlich ihrer kunsthistorischen und historischen Gehalte zu untersuchen. Die mediale Vielfalt bezieht sich dabei auf steinerne Grabmonumente, auf Epitaphien sowie auf gedruckte Funeralwerke in den nord-östlichen Regionen der Bundesrepublik Deutschland und den angrenzen Regionen in Polen.