Heute sind wir umgeben von – humanoid-mathenoiden – Wesen, die aus den Gefügen stochastischer Notationen und algebraischer Schaltungen heraus ein Eigenleben führen und aus einer Parallelwelt der Interfaces immer stärker in unsere Lebensweisen einwirken. Mich interessiert, wie diese Wesen oder Personen-die-nicht-existieren, die Avatars, Assistentinnen, digitalen Klone uns in unserem Alltag begleiten, uns vertreten, uns beraten, uns verführen, uns ermöglichen, Dinge zu tun, die im Realen schlicht unmöglich bzw. unverträglich sind. Und: Warum gibt es ihn, diesen Willen, einen künstlichen, a-historischen, kontext- und identitätslosen, technischen Wechselbalg herzustellen? Und welche ästhetische Intervention oder Aneignung vermag diese neue Species zu nutzen für eine Kunst "der anderen Art"?
Marc Ries, Kultur und Medientheoretiker, Kurator, Forschung und Publikationen zu Massenmedien, Gesellschaft und Kunst, Vertretungsprofessuren an der Universität Jena und der HGB Leipzig, von 2009–2023 Professor für Soziologie und Theorie der Medien an der Hochschule für Gestaltung Offenbach/Main.